NewsSeitenblicke

Quiet Firing: Jetzt kündige doch endlich!

baerenhuette-kaernten - banner sidebar

Haben Sie das Gefühl, dass Sie in dem Unternehmen, in dem sie beschäftigt sind, nicht mehr erwünscht sind? Sammeln sich immer mehr Unannehmlichkeiten oder kleine Ärgernisse, die zum Teil so subtil sind, dass sie nicht greifbar sind?

Vielleicht sind Sie ein Opfer von Quiet Firing.

Was ist Quiet Firing?

Quiet Firing ist eine Methode, mit der Arbeitgeber:innen ihre Mitarbeiter:innen aus dem Unternehmen drängen, ohne eine formelle Kündigung auszusprechen. Im Gegensatz zu einer offenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses – sozusagen einem „glatten Schnitt“ – zielen Arbeitgeber:innen mit dieser Taktik darauf ab, Arbeitsbedingungen bewusst so unangenehm wie möglich zu gestalten, damit Arbeitnehmende freiwillig „den Hut ziehen“ und die Kündigung einreichen.

Warum?

Viele Führungskräfte scheuen eine direkte Konfrontation, auch aus Angst vor der Reaktion der Betroffenen. Eine Kündigung durch Arbeitnehmende ist wesentlich „bequemer“, zudem können gegebenenfalls auch Verpflichtungen von Seiten der Arbeitgeber:innen entfallen wie z.B. neben dem Arbeitsvertrag vereinbarte Abfindungszahlungen.

Wie erkennt man Quiet Firing?

Es gibt viele Kennzeichen und Beispiele, die je nach Arbeitsplatz und Person stark variieren können, weswegen keine genaue Definition möglich ist. Anzeichen sind jedoch zum Beispiel:

  • Systematische Reduzierung von Verantwortlichkeiten: Immer weniger Aufgaben und Entscheidungsfreiheiten. Ihnen werden nach und nach Ihre Zuständigkeiten entzogen, teilweise kann sogar ein sogenanntes Micromanagement stattfinden.
  • Zuteilung sinnloser Aufgaben oder Arbeit, die weit unter Ihren Qualifikationen liegt.
  • Erteilung von Arbeiten, die nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich fallen.
  • Ausgrenzung: Sie erfahren stets zuletzt von Änderungen und werden von wichtigen Meetings oder Entscheidungen ausgeschlossen, selbst wenn Sie Informationen dringend benötigen, um Ihre Arbeit ordnungsgemäß durchführen zu können.
  • Ignorieren oder geringere Kommunikation: Vorgesetzte vermeiden es, mit Ihnen zu kommunizieren.
  • Fehlender Förderung oder Gehaltserhöhungen: Keine Angebote zur beruflichen Weiterentwicklung oder zum Aufstieg in der Rangordnung, obwohl diese angemessen wären. Auch eine Beförderung von Ihnen unterlegenen Kolleg:innen oder ein Beharren auf Weiterbildung, die jedoch von Arbeitgeber:innen finanziell nicht gefördert wird, fällt darunter.
  • Unangemessene Kritik: Permanent negative Rückmeldungen ohne konstruktives Feedback. Erfolge werden gar nicht oder nicht gebührend anerkannt.

Auswirkungen auf Arbeitnehmende

Diese perfide Art der Erniedrigung führt zu einer hohen psychischen Belastung der Betroffenen. Sie fühlen sich unerwünscht und wertlos, erleben Stress und Unsicherheit in Bezug auf Ihre berufliche Zukunft und stellen ihre Perspektiven infrage. Darunter kann die Motivation sehr stark leiden, sodass nur noch das Minimum geleistet wird, wobei man in diesem Fall von „Quiet Quitting“ redet. Eine derartige Demoralisierung ist kaum noch zu beheben, weswegen Arbeitnehmende wirklich in eine unfreiwillige Kündigung gedrängt werden können und dies wiederum hat oftmals weitere, sehr negative Auswirkungen.

Konsequenzen für Arbeitgeber:innen

Quiet Firing ist – zumindest kurzfristig – eine einfache Lösung für schwierige Situationen. Diese Art des Umgangs mit Mitarbeitenden birgt jedoch langfristig betrachtet erhebliche Risiken.

  • Reputationsschäden: Unternehmen, die sich diese Methoden zu eigen machen, riskieren immense Imageschäden. Gerade in Zeiten von Bewertungsportalen können Arbeitnehmende ihre Erfahrungen öffentlich teilen. Dies schreckt nicht nur potentielle neue Talente ab, sondern ebenso Kunden und Kundinnen.
  • Sinkende Motivation und Vertrauensverlust: Nicht nur unerwünschte Arbeitskräfte sind motivationslos und unsicher. Ein solches Verhalten führt auch dazu, dass das Arbeitsumfeld negativ beeinträchtigt wird. Nicht betroffene Kolleg:innen werden verunsichert, denn schließlich könnten sie der oder die „Nächste“ sein. Schnell wird sich nach einem neuen Job umgesehen und das Unternehmen verliert Talente.
  • Produktivitätsverlust: Da das ganze Team unter Umständen an der toxischen Arbeitsumgebung leiden kann, sinkt die Produktivität. Auch werden weniger Ideen oder Vorschläge eingebracht, denn man könnte Führungskräfte damit „verärgern“ oder zuvor schon vermuten, dass ihnen „das eh wieder nicht passt“.
  • Rechtliche Konsequenzen: Quiet Firing kann unter gewissen Umständen rechtliche Risiken mit sich bringen, da Arbeitgeber:innen einer Fürsorgepflicht unterliegen. Das kann auch dazu führen, dass sie sich einem Arbeitsgerichtsverfahren stellen müssen – nicht nur, wenn der schmale Grat zwischen Quiet Firing und offenem Mobbing bzw. Bossing überschritten wird.

Schritte zur Bekämpfung von Quiet Firing

  • Dokumentation: Halten Sie schriftlich alle relevanten Ereignisse fest. Alle – insbesondere negativen – Gespräche mit Vorgesetzten, Ausschluss aus Meetings, Vorenthaltung wichtiger Informationen und E-Mails, die Vernachlässigung oder unfaire Behandlung zeigen.
  • Kommunikation: Auch wenn Sie die Geduld verlieren oder am Ende Ihrer Kräfte sind, bleiben Sie sachlich und direkt und fragen Sie nach konkretem Feedback, bitten Sie um Klarstellung, warum Sie ausgeschlossen wurden, und zeigen Sie Bereitschaft, aktiv zu Lösungen beizutragen.
  • HR, Betriebsrat oder Gewerkschaft: Legen Sie Ihre Beweise vor, bitten Sie um Unterstützung und Rat bzw. um konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Arbeitsverhältnisses.
  • Externe Beratung oder Mediation: Sollten alle bisherigen Schritte „fruchtlos“ bleiben, können Sie sich bei der Arbeiterkammer, von Arbeitsrechtsanwält:innen oder Mediator:innen beraten lassen. Eine erste anwaltliche Auskunft kann kostenlos in Anspruch genommen werden.*

* Hier finden Sie das Serviceangebot der Rechtsanwaltskammern Österreichs: Erste Anwaltliche Auskunft https://www.oerak.at/buergerservice/servicecorner/erste-anwaltliche-auskunft/

Mobbing-Checkliste der Arbeiterkammer: https://www.arbeiterkammer.at/infopool/akportal/Mobbing-Checkliste.pdf © Arbeiterkammer

Mobbing-Tagebuch der Arbeiterkammer: https://www.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/Arbeitsklima/Mobbing-Tagebuch.pdf © Arbeiterkammer

Der Bericht dient lediglich zur Orientierung und Unterhaltung. Keine Gewähr für Richtigkeit oder Vollständigkeit!

Bericht eines Betroffenen:

Als ich vor zwei Jahren meine Stelle bei meinem derzeitigen Arbeitgeber antrat, war ich voller Motivation und Leidenschaft und wollte das Unternehmen voranbringen. Keine unbezahlte Überstunde war zu viel, alle Aufgaben wurden mit Freude erledigt.
Ich merkte recht schnell, dass der Leiter meiner Abteilung kaum auf meine Fragen antwortete oder auf Vorschläge einging, tat dies aber als eine Eigenheit seinerseits ab und ließ mich nicht beirren. Schließlich gab es noch weitere Vorgesetzte, mit denen man reden konnte.
Trotz fehlender Qualifikationen des Abteilungsleiters nahm ich all seine Anweisungen und nicht immer hilfreichen Vorschläge an und versuchte sie professionell umzusetzen.

Nachdem ich nach einem Jahr auf immer mehr Unstimmigkeiten stieß und diese offen ansprach, verschlechterte sich die Situation zusehends.
Freundlich präsentiert sich mein Abteilungsleiter mir gegenüber nur dann, wenn er etwas braucht oder gerade eine andere Person im Raum ist. Arbeitsaufgaben werden mir übertragen, auf Nachfragen wird jedoch nicht reagiert. Das ging sogar schon so weit, dass ich angeschrien wurde, dass meine E-Mails ohnehin nicht gelesen werden und ich gefälligst telefonisch nachfragen soll. Problem dabei: Entweder werden meine Fragen nicht verstanden, weil nicht zugehört wird, es wird ewig über andere Arbeiten lamentiert oder die Antworten klingen in etwa so: „Boah.. das weiß ich jetzt gerade auch nicht. Da muss ich nachsehen/nachfragen.“ Rückmeldung gibt es dann selbstverständlich keine mehr.

Aus Meetings, in denen ich von Kunden relevante Informationen für meine Arbeit erhalten würde, werde ich ausgeschlossen. Ich bekomme danach eventuell Stichwörter. Sollte meine Arbeit dann nicht den Erwartungen entsprechen, werde ich für die bestehenden Führungsdefizite innerhalb der Abteilung verantwortlich gemacht.
Mitunter ist der Frust so groß, dass man den Kunden am liebsten offen mitteilen würde, wie gravierend die Probleme mit der internen Kommunikation tatsächlich sind.

Ich könnte noch unzählige Beispiele aufzählen, dafür fehlt mir jedoch die Zeit – schließlich kann ich mir nie sicher sein, wann ich Überstunden schieben muss. Nach der Dienstzeit, im Krankenstand, Urlaub, an Wochenenden oder Feiertagen. Wenn ich eine angemessene Entschädigung dafür möchte, passt meinem Abteilungsleiter „meine Einstellung“ nicht. Gesetz oder nicht.

Mal sehen, wohin das noch führt. Wenn man es ein wenig umformuliert, könnte man metaphorisch William Congreve zitieren. Im Original „Hell hath no fury like a woman scorned.“ – oder in meinem Fall „Hell hath no fury like a man with a conscience in a company without one.“

Wir jedenfalls wünschen dem Betroffenen und Ihnen alles Gute und viel Glück.

Verwandte Artikel

Back to top button