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Geschichtsverein: 8. April – Buchpräsentation Paul Gleirscher „Neues zur Hallstattkultur in Kärnten“

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Priesterinnen, Kleinkönige und Witwen, die Männern ins Grab folgten

Archäologe Paul Gleirscher schrieb „Neues zur Hallstattkultur in Kärnten“. Buchpräsentation am Dienstag, 8. April, um 18.00 Uhr im Kärntner Landesarchiv.

War die Verstorbene aus Frög/Breg eine Priesterin? Waren die Toten von Waisenberg um 500 vor Christus sowas wie Kärntner Kleinkönige? Und wem gehörte der Goldschmuck von Tscherberg/Črgoviče? Der bekannte Archäologe Paul Gleirscher geht Fragen wie diesen in seinem neuen Buch nach. Vorgestellt wird „Neues zur Hallstattkultur in Kärnten“ am Dienstag, 8. April, um 18.00 Uhr im Kärntner Landesarchiv in Klagenfurt. Der Eintritt ist frei. Erhältlich ist das Buch um 45 Euro im Buchhandel und über den Geschichtsverein für Kärnten.

Gleirscher hat mit der Abteilung für Ur- und Frühgeschichte am Kärntner Landesmuseum, dessen Leiter er über 30 Jahre lang war, umfangreiche Ausgrabungen in hallstattzeitlichen Grabhügeln durchgeführt. „Jene in Waisenberg bei Mittertrixen waren gigantische zehn Meter hoch und hatten einen Durchmesser von 30 bzw. 40 Meter“, berichtet er. Grundsätzlich gibt es in Kärnten drei Kategorien von Hügelgräberfeldern: herausragende Groß- und Prunkgrablegen, elitäre Grablegen einer Oberschicht sowie Familien- oder Sippengrablegen von über das Land verteilten Eliten. „Die Leichen wurden auf einem Scheiterhaufen verbrannt und man verfüllte dann eine Grabkammer mit der Asche“, erklärt Gleirscher. Außerdem wurden den herausragenden Toten umfangreiche Grabbeigaben mitgegeben. „Das waren Schmuck, Waffen und Werkzeug, oder auch Ess- und Trinkgeschirr für üppige Gelage im Jenseits“, so der Archäologe. Manchmal mussten Frauen ihren hochrangigen Männern in den Tod und ins Grab folgen. Hinweise auf so eine Witwentotenfolge hat Gleirscher in Waisenberg entdeckt.

In Tscherberg/Črgoviče bei St. Michael ob Bleiburg/Šmihel nad Pliberkom hat schon Carl Freiherr von Hauser 1885 im Auftrag des Geschichtsvereines für Kärnten Untersuchungen an drei Grabhügeln durchgeführt. Dem Team um Gleirscher gelang es über 100 Jahre später trotzdem noch, Bruchstücke eines goldenen Armreifens und einer Halskette zu finden. „Hier muss eine gehobene Bevölkerungsschicht gelebt haben, die auch den Weg zwischen Unterkärnten und der ehemaligen Untersteiermark gesichert bzw. überwacht hat“, meint Gleirscher.

Das überaus große Hügelgräberfeld von Frög/Breg bei Rosegg wurde 1882 entdeckt und ist vor allem für seine einzigartigen „Bleifiguren“ bekannt. „Alles spricht dafür, dass die ‚Herren von Rosegg‘ über den Kärntner Raum – vermutlich mit Ausnahme des Lavanttales – herrschten“, so Gleirscher. Besonders spannend ist hier eine Grablege aus der Zeit um 700 vor Christus: „Es ist eines der am üppigsten ausgestatteten Frauengräber im Südostalpenraum.“ Gefunden wurden darin auch Spinn- und Webgerätschaften. „Das könnte für die Frau als ‚Walterin des Hauses‘ stehen oder man kann es mit den Schicksalsgöttinnen und dem ‚Faden des Lebens‘ in Verbindung bringen – dann hätten wir es hier wohl mit einer Priesterin zu tun“, sagt der Archäologe.

Die Prunkgrabhügel von Waisenberg zählen zur Gruppe der größten Grabdenkmäler der Hallstattkultur. „Das betrifft sowohl ihre Größe als auch die kostspielige und umfangreiche Ausstattung der Toten“, erklärt Gleirscher. Sie wurden für einst mächtige Männer errichtet. Die Römer bezeichneten sie mit „regulus“, der Verkleinerungsform von „rex“. Als Art Kleinkönige haben sie „Gebühren“ für das Durchqueren des Landes bezogen und Erträge aus dem Eisenbergbau im Görtschitztal und dem Bleibergbau im Villacher Raum gehabt. Ein aufgefundenes Ritualgerät um einen Hirschkult könnte gut mit dem Kult der eisenzeitlichen Mutter- und Stammesgottheit Noreia zusammenhängen. „Wir nehmen an, dass herausragende Tote auch als Mittler zwischen den Göttern und Hinterbliebenen galten. An den herausragenden Grabdenkmälern fand eine Ahnenverehrung statt“, sagt Gleirscher.

Informationen zum Geschichtsverein für Kärnten:

https://geschichtsverein.ktn.gv.at/

Redaktion: Markus Böhm, Pressereferent und Mitglied im Beirat des Geschichtsvereines

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Geschichtsverein für Kärnten
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